Haushaltsrede 2020

Sehr geehrte Damen und Herren,

“Woran arbeiten Sie?‘, wurde Herr K. gefragt. Herr K. antwortete: ,Ich habe viel
Mühe, ich bereite meinen nächsten Irrtum vor.”

Vieles von dem, was in den letzten Wochen hier in den politischen Gremien zu beobachten war, könnte man diesem Motto – einer von Brechts berühmten Herrn-Keuner-Parabeln – zuschreiben.

Welchen Bezug haben aber Irrtümer zu einem öffentlichen Haushalt, könnte man fragen. Oh, einiges und eine ganze Menge davon.

Fangen wir mal an:

Der vorliegende Haushaltsentwurf für das Jahr 2020, um den es ja heute hier geht, bildet die inhaltlichen Schwerpunkte ab, die Erftstadt für das kommende Jahr – das mit Spannung erwartete Wahljahr der Kommunalwahl und der Wahl für den neuen Bürgermeister oder die
Bürgermeisterin – setzen will. Neben den zahlreichen pflichtigen Aufgaben liegt das Hauptaugenmerk auf den freiwilligen Ausgaben, also jene Bereiche, die durchaus variabel sind und gewisse Soll-Bruchstellen aufweisen.

Wir ringen seit Jahren seit 2013 im Haushaltsicherungskonzept darum, einen ausgeglichenen Haushalt bis spätestens 2022 darzustellen. Wie knapp dieses Ziel erreicht werden kann, zeigen alle Haushaltsentwürfe der letzten 5 Jahre –in jedem einzelnen Haushaltsentwurf wird mantramäßig wiederholt, dass das Erreichen des Haushaltsausgleichs mehr als fraglich ist.

Ich habe mal etwas zurückgeblättert und festgestellt, dass wir schon mit unserer ersten Haushaltsrede 2015 eine Grundvoraussetzung im Haushaltsansatz vermisst hatten, nämlich nachhaltiges Wirtschaften.

Wenn Einnahmen lediglich auf Steuereinnahmen, auf Schlüsselzuweisungen des Landes und gelegentlichen Fördertöpfen beruhen, können auf der anderen Seite allein die pflichtigen Aufgabenbereiche – wie Schulträgeraufgaben, Kitas, Infrastrukturerhalt usw. und die mit 24 Mio € sehr hoch veranschlagte Kreisumlage einen kommunalen Haushalt schon ziemlich schwer belasten. Wie kann aus dem Ungleichgewicht von 127 Mio € Einnahmen + knapp 2,8 Mio € Finanzerträgen gegenüber 142 Mio Ausgaben ein Gleichgewicht hergestellt werden?
Schwer vorstellbar bei einem Minus von 12Mio €.

Aber wie so oft gilt auch hier: der Teufel steckt eben im Detail.

Nach welchen Grundsätzen agieren wir? Kann man das als Außenstehender überhaupt noch nachvollziehen? Stimmt die Aussage der CDU, dass sie ja schließlich diejenigen seien, die die Verantwortung für den Haushalt übernähmen. Immerhin behaupten Sie das. Andererseits müssen Sie sich dann aber auch fragen lassen, warum es Ihnen in all den Jahren nicht gelungen ist, den Erftstädter Haushalt auf ein sicheres Fundament zu stellen? Und Sie müssen sich fragen lassen, warum Ihnen außer Steuererhöhung wenig anderes einfällt, um die Ertragssituation zu verbessern.

Die zukünftigen Aufgaben für Erftstadt sind durchaus weitreichend. Eine Veränderung des Handelns ist mehr als geboten und wir finden, die Zeit drängt.
Wir identifizieren vor allem zwei enorme Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen und für die wir auf kommunaler Ebene Lösungen finden müssen:

Dies ist zum einen ganz klar der Klimawandel mit all seinen dramatischen Folgen, wie dem vorherrechenbaren Kippen von Erdsystemen, dem Abschmelzen von Eisgletscher und des Polareises, der Veränderung des Jetstreams, der Versauerung der Ozeane infolge von CO2-
Aufnahme, aber auch insbesondere dem dramatisch schnellen Verlust von Biodiversität – darauf werde ich auch gleich noch einmal zurückkommen.

Was wir benötigen, ist politische Wille und Mut, sich dem zu stellen. Ein bisschen CO²- Steuer allein wird nicht ausreichen.
Und natürlich gibt es zahlreiche spannende Lösungsansätze, die man auf kommunaler Ebene in Angriff nehmen kann.

Was ist die andere Herausforderung, der wir uns stellen müssen?

Das zweite Szenario, das in Deutschland schon im Bund und in vielen Landesparlamenten beängstigende Realität ist, ist das Erwachen des Rechtsextremismus mit der Präsenz der AfD in den Parlamenten und all den bekannten Begleiterscheinungen.
Dass dieser Rechtsruck in Deutschland wieder Realität werden könnte, damit hat von uns allen niemand gerechnet. Dass er mit dieser Wucht kam, mit Sicherheit noch weniger. Bei all dem Hickhack und Zwist, der in Erftstadt in den letzten Wochen und Monaten vorherrscht,
denke ich aber doch, dass wir uns alle in einem einig sind, nämlich dass uns die Sorge um die Präsenz nationalistischen Gedankenguts in Erftstadt erschreckt und verunsichert.
Auch wenn ein Wahljahr voraussichtlich wenig hilfreich sein wird, dass sich die divergierenden politischen Gruppen zusammenraufen, kann ich nicht anders, als Ihnen allen zuzurufen, dass wir es doch versuchen müssen. Wir können die AfD nur verhindern, wenn wir
uns in unseren demokratischen Grundsätzen nicht uneins werden. Dass dies eine ganz schwierige Übung wird, werde ich gleich auch noch ausführen. Mein Appell aber bleibt bestehen! Wir sollten uns ernsthaft darum bemühen.

Also identifizieren wir zunächst einige dieser Sollbruchstellen:
Ein kritischer Punkt ist die nicht nachhaltige Sanierung des Schulzentrums Lechenich. Nach jetzigem Stand der Dinge 44 Mio € teuer, nach jetzigem Stand der Dinge noch nicht mal für das komplette Gebäude, nach jetzigem Stand der Dinge mit noch zu erwartenden
Überraschungen hinsichtlich Schadstoffbelastungen. Nach jetzigem Stand der Dinge keine überzeugenden Ansätze für zukunftstaugliche pädagogische Konzepte. Dass das Schulgebäude im Zusammenspiel mit Schulpädagogik auch als „dritter Lehrer“ bezeichnet
wird, ist in Erftstadt offensichtlich noch nicht bekannt.

Hier also setzen wir an:

1. – Nachhaltigkeit bei der Sanierung des Schulzentrums Lechenich

nachhaltig in punkto Kosteneffizienz, nachhaltig in punkto Energieverbrauch, nachhaltig in punkto Zukunftsfähigkeit der pädagogischen Erfordernisse.
Ihre Rufe nach dem Ende der Debatte ist leider keine demokratische Haltung und zeugt doch eher von Unsicherheit und mangelnder Souveränität.
Wenn Sie, wie Sie ja unablässig postulieren, also ihren Beschluss der Sanierung so durchziehen wollen, werden Sie sich auch dafür verantworten müssen, auch für erwartbare Mehrkosten – z.B. wie wir jetzt mitbekommen, die noch nicht einmal einkalkulierte
Umzugskosten.
Fazit: statt 44 Mio für Kosmetik am Bau ist eine vorgeschaltete Investition in eine Wirtschaftlichkeitsanalyse der nachhaltigere Weg.

2 – Infrastrukturmaßnahmen
– z.B. Ausbau von Radwegen, statt Fokussierung auf den Straßenbau.
Wir warten seit langem darauf, wir warten auf die Umsetzung eines Radschnellweges nach Köln, wir warten auf ein 2017 beschlossenes Radwegekonzept für ganz Erftstadt. Es gibt neuerdings ein zaghaftes Hinschielen in diese Richtung, dass man ja vielleicht doch etwas für die Verbesserung des Radwegenetzes tun könnte, richtig anpacken sieht allerdings anders aus. Uns geht das alles viel zu langsam und wir können nur hoffen, dass wir hier demnächst einen Paradigmenwechsel vollziehen. Erfreulich ist aber trotzdem, dass es Initiativen aus der Bevölkerung gibt, die es leid sind, dass ihre Kinder auf gefährlichen, nicht gesicherten Wegen tagtäglich zur Schule fahren müssen. Hier ist in der Tat der größte Handlungsdruck. Schöne Radwanderwege an der Erft entlang sind das eine. Aber sichere Radwege für Schüler und alle anderen Radfahrer innerorts sind doch viel wichtiger.

Fazit: Der Ausbau von Radwegen ist preisgünstiger als der Ausbau von Straßen, vermindert CO²-Emissionen und auch Lärm mit positiven Kollateraleffekten für die Gesundheit.

3 – Ausbau der Windenergie und Solarenergie
Seit sage und schreibe 5 Jahren herrscht bei der Erftstädter Energiegesellschaft Stillstand – nach einem langen FNP-Verfahren gibt es nun Komplikationen bei der Beeinträchtigung des Drehfunkfeuers des nahegelegenen Flughafens in Nörvenich. Nichtsdestotrotz setzen wir hier an: Wind- und Solarenergie sind nachhaltige Einnahmequellen. Eine arme Gemeinde wie Erftstadt könnte mit Windenergie gutes Geld verdienen. Hier wäre die Chance, neben Steuerumverteilungen selbst Erträge für den Haushalt zu generieren.
Ein hoher Kostenpunkt ist der Energieverbrauch der städtischen Gebäude.
Ich habe mal nachgerechnet: jährlich fallen ca. 2,2 Mio € dafür an zur Deckung des Strom und Wärmebedarfs.

Der Anteil an regenerativen Energien liegt bei ca. 30%, wovon der größere Batzen auf die Wärmeversorgung entfällt – zum einen für die beiden Schulzentren mit Hackschnitzelanlagen und zum anderen mit einem BHKW für das Schwimmbad im EKZ.
Bei der Stromversorgung jedoch hinken wir mächtig hinterher, hier werden keine 2% aus PV Anlagen generiert. Das ist natürlich zu wenig.
Wir haben allein schon deswegen die Einrichtung der vom Bund geförderten Stelle eines Klimaschutzbeauftragten beantragt. Dessen/oder deren Sachverstand sollen uns bei der Verbesserung der regenerativen Energieversorgung, der Ausarbeitung von
Mobilitätskonzepten, der energetischen Sanierung städtischer Gebäude und bei der Begleitung klimafreundlicher Konzepte von Neubaugebieten beraten und unterstützen. Umsetzen müssen wir es dann.

Fazit: dies sind kluge Instrumente für die zukünftige Energieversorgung mit dem Plan, Energiekosten effizient zu reduzieren.

4 – Der Ausbau des ÖPNV
In Erftstadt ist dieses Thema bislang ausschließlich verknüpft worden mit dem Ankauf von Firmenanteilen der RVK i.H.v. 540.000 Euro zzgl. Beratungskosten von z.Zt. geschätzten 90.000€; heute erwarten wir mit Spannung den Beschluss darüber, d.h., ob wir dieses
Investment weiter verfolgen, oder eben nicht.
Wir haben jedenfalls viel zu viel Zeit und Energie in die Diskussion ausschließlich um diesen Ankauf von RVK-Anteilen gesteckt, statt uns inhaltlich und konzeptionell mit der Verbesserung des ÖPNV zu befassen. Ich wiederhole unsere Idee eines Stadtbusses, der alle
Ortsteile in einer permanenten Schleife miteinander verbindet, ein Modell, das für Flächenkommunen prädestiniert ist. So oder so, die Busverbindungen müssen ausgebaut und verbessert werden.

Fazit: statt eines Investments ohne Mehrwert müssen wir über Inhalte reden.

5 – Eine Transformation der Landwirtschaft
Bei einer Flächenkommune wie Erftstadt mit 71,2% landwirtschaftliche Fläche ist dies ein wichtiges Thema, mit dem wir uns in Zukunft intensiver befassen müssen. Eine Initiative, die sich in diesem Jahr gebildet hat, zeigt, dass auch viele Landwirte es leid sind, ihre Flächen mit Pestiziden zu belasten.
Eine eigens hier angebaute Weizensorte – „Erftgold“ genannt – ist schon eingesät und kann nächstes Jahr auf den regionalen vermarktet werden. Ziel ist es, auf Pestizideinsatz zu verzichten. Ein weiteres Ziel besteht darin, landwirtschaftliche Flächen im sog.
„Vertragsnaturschutz“ als Schutzräume für bedrohte Insekten, Kleintiere und Vogelarten weiter zu entwickeln. Dies sind erste Schritte, aber entscheidende Weichenstellungen, denn auch die Landwirte sind es leid, dass ihre Böden auf Dauer durch den Einsatz von Pestiziden belastet werden, dass sie selbst gesundheitlich beeinträchtigt sind und dass sie als Buhmann der Nation dastehen.

Was die Landwirte aber auch ärgert in diesem Zusammenhang, und das haben sie in vielen Gesprächen wiederholt zum Ausdruck gebracht, ist der unaufhaltsame Vormarsch der sogenannten ‚Schottergärten‘. Wenn wir uns mal bemühen würden in Zusammenhängen zu denken, hätten wir hier im Rat nicht nur halbherzig eine entsprechende Satzung ausschließlich für Neubaugebiete beschlossen, sondern auch für bestehende Wohnquartiere; denn vor allem werden dort bepflanzte Flächen versiegelt in dem irrigen Glauben, damit Unkrautwuchs Herr zu werden, dem man dann mit Roundup u.ä. zu Leibe rückt. Wäre ich Landwirt, würde mich das auch ärgern.
(vom oben erwähnten Verlust der Biodiversität gar nicht zu reden)

Fazit: Landwirte auf kommunaler Ebene stärker unterstützen, konsequenter Pflanzenschutz in den Wohngebieten

6 – Stadtentwicklung
Der größte Zankapfel, denn hier kann Zukunft gestaltet werden, aber auch Geld verdient werden; das will die Stadt und das ist auch richtig so, das wollen aber auch private Investoren, das ist auch verständlich so. Aber wir müssen und haben die Prioritäten definiert.
Stadtentwicklung ist eine städtische, gesamtgesellschaftlich Aufgabe.
Stadtentwicklung nach althergebrachter Weise mit Einfamilienhaussiedlungen mögen sich vielleicht – noch – gut vermarkten, zerstört aber zu viel wertvollen Boden und damit auch potentiellen dringend benötigten Wohnraum.
Moderne, zeitgemäße und vor allem attraktive und nachhaltig funktionierende Stadtquartiere werden heutzutage allerdings nach ganz anderen Kriterien entwickelt; Nachhaltigkeit ist die Agenda. Im Detail jedoch und in der Konsequenz kann dies ganz Unterschiedliches bedeuten, z.B.: gibt es überhaupt noch Straßen im Viertel, sind Freiflächen versiegelt oder begrünt, können Kinder überall spielen? Ist die energetische Versorgung komplett autark? Gibt es überhaupt noch Anschlüsse ans Gasnetz? Gibt es öffentliche Räume für alle Bewohner? Kitas ? Soziale Durchmischung und generationenübergreifende Konzepte ? Mehr Mehrfamilienhäuser oder mehr Einfamilienhäuser? Ist das Quartier an den ÖPNV angebunden? Gibt es carsharing-Angebote, Ladestationen für Elektromobilität; gibt es
gemeinschaftlich genutzte Gärten – usw.
Fazit: wir halten diese Ansätze auch in Erftstadt für umsetzbar.

7 – Gewerbegebiete
Auch hier hat Erftstadt großen Nachholbedarf; noch immer wächst der Druck auf die umliegenden Ballungsräume weiter und die Überschwappeffekte auf Erftstadt sind nicht von der Hand zu weisen. Eine Weiterentwicklung der Gewerbeflächen ist beim Kreis angemeldet und wird auch von uns mitgetragen. Wir allerdings fordern, dass dies maßvoll und auch hier – nachhaltig – erfolgen soll. Bislang waren ökologische Ansätze eher hinten angestellt. Das wollen wir ändern, wenn neue Flächen ausgewiesen werden.
Fazit: Für uns gilt Qualität vor Quantität, Klasse statt Masse – DHL ist so ein trauriges Beispiel, wie es auf keinen Fall in Zukunft laufen sollte.

8 – Naja, und natürlich – last but not least:
Die Ansiedlung der TH – der Sechser im Lotto – Erftstadt hat ganz klar das große Los damit gezogen – es wird viel zu tun geben bis die ersten Studenten aus dem Zug steigen und die ersten Seminare oben am Villehang besuchen können. Aber was sind schon ein paar Jahre?
Wir alle werden erleben, welche enorme Sogwirkung ein lebendiger akademischer Betrieb mit einer innovativen Fachausrichtung– der Fakultät für Raumentwicklung und Infrastruktursysteme – auf Erftstadt haben wird.
Die Gründung des TH Campus in Erftstadt gehört dabei zu den ersten verankerten Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Strukturwandel der Braunkohlereviere.
Fazit: Eine große Chance.

Wir sind nur leider auch gut darin, gute Chancen zu verspielen.

Kommen wir also zu den komplizierteren Sollbruchstellen, den Punkten, die den Haushalt und damit das Gemeinwohl Erftstadts – aus unserer Sicht jedenfalls – gefährden.

CDU, FDP und FW beantragen ziemlich überraschend die Gründung einer stadteigenen
Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft.
‚Eine Investition in die Zukunft‘, so steht es auf der homepage der CDU – zunächst aber erst mal nur eine Investition in Höhe von 100.000€.
Wir sind auf die Rechenkünste des Kämmerers gespannt, von wegen Verantwortung zum Haushalt und so…

Aber auch eine Investition mit gefährlichem Kollateraleffekt:
denn die damit einhergehende Enteignung des EB Immobilien, dessen Kerngeschäft vor allem die Bodenbevorratung ist, d.h. der Ankauf und Verkauf von Flächen, und der mit den erwirtschafteten Gewinnen alle anderen Aufgaben zur Erhaltung städtischer Gebäude stemmt
und dessen Überschüsse dann in den Kernhaushalt fließen, diese Enteignung wird die Stadt teuer zu stehen kommen. Sämtliche Sanierungsaufgaben – auch die Sanierung des Schulzentrums Lechenich – wären dann mit den Mitteln des Kernhaushaltes zu bezahlen.
Das aber ist nicht möglich.

Wir sehen die Gefahr, dass eine so gedachte Entwicklungsgesellschaft, nebenbei bemerkt natürlich mit einer mit weitreichenden Kompetenzen ausgestatteten Geschäftsführung, ein intransparentes und kostspieliges Gebilde wird, denn deren Geschäftsprozesse wären vertraulich und den Augen des Rates und der Öffentlichkeit vollends entzogen.

Darüber hinaus liegt der Verdacht nahe, dass mit diesem Konstrukt auch zugleich Wahlkampf betrieben wird, denn die Technische Dezernentin, Frau Hallstein, für die sich hier alle im Jahre 2013 noch unisono stark gemacht hatten, wäre damit ihrer Kompetenzen beraubt.

Oder was sagen wir zu dem unrühmlichen Kapitel der KITA-Angelegenheit?
Wir finden, es reicht jetzt. Alle Fragen dazu sind beantwortet, Rechtsgutachten und Kommunalaufsichtsschreiben sind hin- und hergegangen. Es hat Sondersitzungen des Rates dazu gegeben und es hat schließlich eine Ratssitzung so geendet, dass die gesamte
Verwaltung den Saal verlassen hatte. Wir saßen vor leeren Rängen. Dies ist exakt die traurige Perspektive, wenn man Hetzjagden veranstaltet.
Dass hier nicht richtig gehandelt wurde, ist allen bekannt und auch klar. Darauf weiter rumzuhacken, bringt uns aber auch nicht weiter. In der Nachschau geht es doch vor allem um die Frage, welche Mechanismen zukünftig derartige Fehlentscheidungen verhindern können
und wie eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Rat und Verwaltung wieder hergestellt werden kann.
Dass wir nach wie vor nur mutmaßen können, wer genau wann den Beschluss gefasst hatte, sich über den Rat hinwegzusetzen und die Kostensteigerungen der Kitabauten als Geschäft der laufenden Verwaltung zu erklären, lässt sich zweifelsfrei nicht festmachen – denn
Protokolle des Verwaltungsvorstandes gibt es leider nicht.
Das ist fraglos zu beanstanden, natürlich sehen wir das genauso.
Nichtsdestotrotz fordern Sie, also Sie von der CDU, FDP und FW, weitere Untersuchungen – nun von höherer Instanz.
Die Untersuchungsergebnisse des RPA reichen Ihnen nicht. Leider drängt sich auch hier der Verdacht auf, dass Sie hier ebenfalls nur einen wahltaktischen Popanz aufbauen. Um der Sache willen macht dieses weitere Insistieren keinen Sinn, denn neue Erkenntnisse sind nicht zu erwarten.
Sie wollen Personen beschädigen.
Dies ist keine gute Voraussetzung für ein zukünftiges Miteinander.

Und außerdem, was ist denn nun wichtiger? Ein Schrecken ohne Ende in dieser Sache, oder endlich mal die weitere Planung in Sachen Kitaausbau anzugehen? Eine Deckung des vorhandenen Bedarfs, überhaupt erst mal ganz dringend den Bedarf zu identifizieren und zu
beziffern, ist in unseren Augen jetzt viel wichtiger. Und außerdem dauert diese Erfassung auch schon wieder viel zu lange, beschlossen war sie im Februar, seitdem gibt es mäandernde Zahlenwerke, die nur eines klar herausstellen: der Bedarf an Kitaplätzen ist nicht gedeckt.
Die Eltern und ihre Kinder aber warten händeringend auf die Zusicherung von Kitaplätzen. Sie haben den rechtlichen Anspruch darauf und wir müssen es sehr schnell hinbekommen, dass nicht nur ausreichend Kitaplätze vorhanden sind, sondern auch, dass die Öffnungszeiten attraktiver ausfallen, d.h. dass längere Öffnungszeiten angeboten werden; aber natürlich auch, dass der Druck bei den Erzieherinnen weggeht.
Wir befürworten deswegen ganz klar die vom Personalrat geforderten Springerstellen, denn dass die Arbeitsbelastung zu hoch ist, ist allseits bekannt.

Statt also 100.000€ für eine überflüssige Entwicklungsgesellschaft halten wir die Investition in die Betreuung der Erftstädter Kinder für wesentlich sinnvoller.

Die am 29.11. verabschiedete Kibiz-Novelle sieht genau hier einen entscheidenden Hebel, ich zitiere aus der PM des Landes: „Bessere Rahmenbedingungen, mehr Qualität und Entlastung des Personals durch Finanzierung von mehr pädagogischen Kräften“- ist Pkt. 1 der Novelle; die bereitgestellten Mittel sollen genau hierfür eingesetzt werden, „für mehr Personal zur Entlastung der Fachkräfte“.
Also setzen wir die Mittel ein, statt zu bremsen.

Und was gabs sonst noch?
Oh ja, ein unfasslicher Entschluss über das Ende in Sachen Gesamtbibliothek. Vorletzte Woche wurden alle Vorbeschlüsse der letzten Jahre mit einem Federstrich vom Tisch gefegt:
Die Planungen für eine zentrale Bibliothek wurden eingestellt und das schon 2016 von allen reaktiviert werden; und Liblar als Standort in der Bahnhofstraße soll weiterbestehen. Alle diese Beschlüsse konterkarieren sämtliche vorherigen, einstimmig gefassten Beschlüsse –
ohne Angabe von Gründen, ohne Kostenschätzung, ohne Diskussion.
Dabei lag der Suche nach einem geeigneten Standort für eine Gesamtbibliothek die Erkenntnis zugrunde, dass nur ein Standort die Zukunft einer Erftstädter Bibliothek sichert.
Unattraktive Öffnungszeiten, der zu geringe Personaldeckel, die echt miserablen Räumlichkeiten, haben keinerlei Einsparpotential mehr erkennen lassen. Sparen hieße also schließen.
Und wenn einem also der Erftstädter Haushalt so am Herzen liegt, wie hier immer wieder behauptet wird, dann wäre es doch logisch, eher so zu verfahren, nämlich die Bibliothek zu schließen, statt nun – oh Wunder – auf einmal ein in die Jahre gekommenes Gebäude, das offensichtlich nur schwer neue Mieter findet anzumieten. Kostenpunkt? Interessiert gar nicht. Renovierungsbedürftig? Mit Sicherheit. Attraktiv? Wohl kaum, schon gar nicht im finsteren Keller – und erst recht nicht im Vergleich zu dem vorgestellten Entwurf am Esserhof in
Liblar. Dabei ist Kaufhaus Könen noch nicht mal ein städtisches Gebäude, das könnte man ja irgendwie noch nachvollziehen. Nein, Sie wollen eine unattraktive Immobilie für teuer Geld anmieten.
Erftstadts Motto vom ‚Zusammenwachsen‘ wird damit natürlich auch zur Farce.

Ihre Beschlüsse sind sachlich falsch und ich bleibe dabei, zu beanstanden.

Hier ist aber noch viel mehr passiert, als eine unsachliche, mehr als fragwürdige Entscheidung zu treffen. Hier ist ein Grundvertrauen in demokratische Prozesse mit Füßen getreten worden.

Und dann folgt: Ende der Debatte!

Ende der Debatte! Das ist seit einiger Zeit Ihre Devise, die schlicht von schlechtem Stil zeugt, statt demokratisch geführte Diskussionen um der Sache willen auszufechten, auch wenn dies zuweilen eine mühselige Übung ist.

Das Spiel, welches Sie zurzeit spielen, finde ich zudem ziemlich gefährlich.

Denn wir alle, die wir hier sitzen, in unserer knapp bemessenen Freizeit, in unserem anstrengenden und verantwortungsvollen Ehrenamt, die wir einen Eid geleistet haben, unser Handeln zum Wohl der Gemeinde nach bestem Wissen und Gewissen auszurichten – wir alle
fürchten, dass die AfD in diesen Rat im Herbst kommenden Jahres einziehen könnte. Möglicherweise und sehr wahrscheinlich könnte dies so kommen mit vermutlich weitreichenden Veränderungen des gesellschaftlichen Klimas.

Wir müssen also zurückkehren zu einem konstruktiven Diskurs, der von gegenseitigem Respekt geprägt ist.

Die Mühsal im fortlaufenden Produzieren von Irrtümern sollte durch einen fairen, transparenten Umgang miteinander ersetzt werden.
Vielleicht klappt‘s dann auch besser mit dem Zusammenwachsen.

Ach ja, zum Haushalt: wir finden diesen Haushaltsentwurf aus all den vorgenannten Gründen nicht tragbar. Wir stimmen ihm nicht zu.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit

Gez. Marion Sand
Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN

Nach oben scrollen