GEMEINSAM ANDERS SEIN – Inklusion sichtbar machen

Andersartigkeit ist kein Makel und keine Belastung, sondern eine Bereicherung unserer gesellschaftlichen Vielfalt und unseres Zusammenlebens. Erst wenn jeder Mensch so akzeptiert wird, wie er ist, und keine Nachteile durch sein Anderssein erfährt, können wir von wahrhaftig gelebter Inklusion sprechen.

Fast jeder zehnte Mensch in Deutschland hat eine Behinderung mit einem Grad (GdB) von mindestens 50 %, wovon lediglich 4 % angeboren sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mensch im Laufe seines Lebens durch Krankheit, Unfall oder aufgrund seines Alters eine Behinderung erlangt, ist hoch. Jeder Mensch kann also irgendwann betroffen sein: Inklusion geht uns alle an. Inklusion ist ein Menschenrecht.

Inklusion ist keine Charity, sondern Menschenrecht!

Raul Krauthausen

Mehr als zehn Jahre nach Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention sind aber immer noch zu viele Menschen mit Behinderung aller Altersstufen vom gesellschaftlichen Miteinander benachteiligt und ausgeschlossen. Wir wollen uns in Erftstadt dafür einsetzen, dass die Befürfnissse, aber auch die Fähigkeiten von Menschen mit Behinderung einen wertschätzenden Stellenwert in unserer Stadt erhalten.

Allgemeines, Beratung und Diagnose

Behinderungen sind vielfältig. Sie reichen von Einschränkungen des Bewegungsapparates über Verminderungen des Seh-­, Sprach­- oder Hörvermögens bis hin zu den sogenannten unsichtbaren, also nicht auf den ersten Blick erkennbaren Behinderungen (wie Autismus, Lernbehinderungen oder chronische Krankheiten). Das heißt: Jeder Mensch mit Handicap hat individuelle Bedürfnisse, für die wir bestmögliche Bedingungen schaffen und ihnen gerecht werden wollen.

Vorhandene Beratungsstellen sichtbarer machen: Viele Anlaufstellen befinden sich außerhalb von Erftstadt, sodass oft weite Wege anstehen. Den Kontakt zu Ansprechpartnern in Bezug auf Diagnose, Therapie oder konkreter Hilfestellung müssen sich Betroffene oft mühsam selbst herstellen. Wir möchten kurzfristig eine Infobroschüre sowie einen ausführlichen Bereich auf der städtischen Homepage schaffen, die sämtliche Anlaufstellen in und im näheren Umkreis von Erftstadt übersichtlich versammeln.

Vernetzung: Langfristig wollen wir Beratungsstellen und Vereine vernetzen und Hilfestellungen zur Gründung von Selbsthilfegruppen geben. Bereits vorhandene städtische Stellen sollen gestärkt und sichtbarer werden, um ihren Koordinations­- und Integrationsaufgaben besser nachkommen zu können.

„Inklusionsbeirat“: Wir regen ein Symposium mit allen Beteiligten zum städtischem Inklusionsverständnis an.

Kita und Schule

Kita und Regelschule: Wir begrüßen, dass sich einige Erftstädter Schulen sehr um Inklusion bemühen. Unser Ziel ist jedoch, dass alle KiTas, Schulen und OGs-­Einrichtungen den inklusiven Gedanken leben und umsetzen. Oft scheitert es an ungeeigneten Räumlichkeiten, nicht vorhandener Barrierefreiheit sowie mangelndem und/oder nicht gut geschultem Personal. Wir wollen uns für Verbesserungen einsetzen, die in unserem kommunalen Handlungsspielraum machbar sind.

Inklusions-Qualitätskontrollen: Wir möchten regelmäßige Qualitätskontrollen aller städtischen KiTas und Schulen (Besichtigung der Örtlichkeiten, Befragung des Personals sowie der Kinder und Eltern) anstoßen, um etwaige Missstände aufzuspüren und sie zeitnah beseitigen zu können.

Ausreichend Finanzmittel für Integrationsfachkräfte: Jugend­- und Sozialamt müssen mit ausreichenden finanziellen Mitteln ausgestattet werden, um den steigenden Bedarf an Schulbegleiterinnen und Schulbegleitern sowie dem tatsächlichen Bedarf an zu begleitenden Stunden gerecht zu werden.

Gesamtschule: Da die Gesamtschule auch eine Form der Inklusion darstellt (alle Kinder lernen zusammen an einem Ort), setzen wir uns weiterhin für die zeitnahe Einrichtung dieser Schulform in Erftstadt ein.

Förderschule: Wir sehen Förderschulen nur als Übergangslösung bis sämtliche Regelschulen so ausgestattet und vorbereitet sind, dass Inklusion gut funktionieren kann. Durch Förderschulen sind Kinder mit Behinderung oft isoliert: Sie müssen lange Schulwege außerhalb ihres Wohnortes in Kauf nehmen, sind nicht ins Schulleben vor Ort integriert und haben folglich nicht die Möglichkeit, Freundschaften zu Kindern in ihrer Umgebung zu knüpfen.

Inklusive Freizeitangebote: Ein breiteres Angebot an inklusiven Freizeitmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche kann diese Barriere erheblich reduzieren und Kontakte fördern.

Ausbildung und Beruf

Inklusion endet nicht mit dem Schulbesuch: Immer noch gibt es zu wenig Ausbildungs­- und Arbeitsplätze auf dem sog. „Ersten Arbeitsmarkt“ für Menschen mit Behinderung. Viele von ihnen werden nach Schulende an eine Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) verwiesen, wo sie weiterhin unter sich bleiben und für Stundenlöhne weit unter dem Mindestlohn arbeiten. Andere landen, meist trotz guter Qualifikation, in der Arbeitslosigkeit: Armut und Vereinsamung sind oft die Folge. Wir wollen in unserer Stadt möglichst vielen Menschen mit Behinderung einen wertschätzenden und nach Tarif bezahlten Arbeitsplatz ermöglichen.

Städtische Mitarbeitende mit GdB: Wir wollen dafür sorgen, dass die Stadt als Arbeitgeberin weiterhin eine Vorbildfunktion einnimmt und eine größtmögliche Anzahl an Mitarbeitenden und Auszubildenden mit GdB beschäftigt.

Vernetzung, inklusives Jobnetzwerk: Wünschenswert ist eine Vernetzung von Arbeitgebenden, Arbeitssuchenden und sozialen Einrichtungen, um Informationsdefizite abzubauen sowie zusätzliche Anreize/Fördermöglichkeiten für die Bereitstellung eines barrierefreien Arbeitsplatzes zu schaffen (z.B. als „Jobnetzwerk all inclusive“). Bestehende Vernetzungen, auch auf Kreisebene, sollen sichtbarer werden.

Freizeit

Der Bedarf an inklusiven Freizeitmöglichkeiten, besonders für Kinder und Jugendliche, ist nicht gedeckt. Auch in diesem Bereich erfahren die Betroffenen Diskriminierung. Eine offizielle Information über örtliche Vereine und Gruppen, die ausdrücklich inklusive Freizeitmöglichkeiten anbietet, gibt es bisher nicht; diese Lücke möchten wir schließen.

Vorhandene Freizeitangebote bündeln und ausbauen: Wir planen zum einen die Abfrage aller Vereine und Gruppen nach vorhandenen inklusiven Angeboten, um sie publik machen zu können. Zum anderen ist die Schaffung neuer Freizeitangebote mit inklusivem Charakter dringend notwendig, um dem Bedarf und den individuellen Erfordernissen gerecht zu werden. Hierzu regen wir die Einrichtung eines Förderpreises für besonders inklusive private Einrichtungen an.

Inklusive Spielplätze: Auch die Freizeitgestaltung ohne Verein gestaltet sich für Kinder mit Behinderung in Erftstadt oft als schwierig. So gibt es keine Spielplätze, die etwa mit einer Rollstuhlschaukel ausgerüstet sind. Diesen Missstand wollen wir beheben und Spielplätze auf ihre Tauglichkeit für Kinder mit Behinderung überprüfen und entsprechend ihrer Bedürfnisse ausstatten.

Informationsportal für öffentliche barrierefreie Freizeiteinrichtungen: Alle öffentlich zugängigen Freizeiteinrichtungen, wie etwa Hallen­ und Freibäder, müssen auf ihre Barrierefreiheit überprüft werden; Informationen dazu sollen auf den internetseiten der Einrichtungen, aber auch der städtischen Homepage einsehbar sein.

Treffpunkte schaffen: Unsere Stadt benötigt mehr öffentliche Orte der Begegnung, wo Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung, im besten Fall durch Begleitung von spezifizierten Sozialpädagogen, in Kontakt kommen.

Ferienbetreuung: Auch Kinder mit Behinderung haben Ferien. Die örtlich angebotenen Ferienbetreuungen sind nicht als inklusive Veranstaltungen ausgewiesen. Wir möchten klären, welche Angebote vorhanden sind und wie neue Möglichkeiten geschaffen wer­ den können – auch im Hinblick darauf, dass manche Kinder kleinere Gruppen benötigen.

Alltag und Mobilität

Barrierefreiheit ist vielfältig. die verschiedenen Bedürfnisse erkennen und ihnen individuell gerecht werden zu wollen, ist wichtig; gleichwohl gilt es barrierefreie Orte und Möglichkeiten öffentlich bekannt zu machen.

Städtische Homepage inklusiv gestalten: Hier wollen wir erreichen, dass die Stadt als Vorbild ihre Homepage barrierefrei gestaltet. Ein erster und einfacher Schritt ist das Angebot in leichter Sprache. Hiervon profitieren auch Mitmenschen, die im Begriff sind, die deutsche Sprache zu lernen.

Gesundheit: Auch in der ärztlichen Versorgung muss Barrierefreiheit gewährleistet sein und in einem Informationsportal gebündelt werden, um eine adäquate Teilhabe zu garantieren. Eine Zusammenarbeit mit Arztpraxen und Gesundheitseinrichtungen, die Überprüfung auf ihren Zugang für Menschen mit Behinderung sowie von Verbesserungsmöglichkeiten ist hier erforderlich.

Barrierefreier ÖPnV: Mobilität im Zeichen der Inklusion heißt auch, barrierefrei von A nach B zu kommen. Der Umbau vieler örtlicher Bushaltestellen für einen rollstuhlgerechten Einstieg ist ein erster Anfang, den wir sehr begrüßen. Ziel sollte sein, dass sämtliche Bushaltestellen sowie der Schulbusverkehr barrierefrei gestaltet werden.

Barrierefreier Zugang zu Geschäften, Behörden und Sport- und Freizeit-Einrichtungen: Mobilität bedeutet, dass Menschen mit Behinderung alle Wege zu Geschäften, Behörden, Sport-­ und Freizeiteinrichtungen etc. barrierefrei bewältigen können. Hier sollte in Anbetracht der jeweiligen individuellen Bedürfnisse eine genaue Bestandsaufnahme erfolgen und Missstände zeitnah behoben werden.

Politische Teilhabe: Hierzu zählen nicht nur barrierefreie Wahllokale, sondern auch die Möglichkeit, dass jeder Mensch mit Behinderung Zugang zu den Inhalten unserer örtlichen Parteien/Gruppierungen oder städtischen Amtsblättern bekommt. sei es über Texte in leichter Sprache, Audiodateien oder einem Gebärdendolmetscher bei städtischen Informationsveranstaltungen (Masterplan, Schulsanierung etc.).

Pflege

Viele Pflegebedürftige werden nicht in Einrichtungen stationär, sondern von ihren Angehörigen zuhause gepflegt. Die Inanspruchnahme von häuslicher Pflege betrifft nicht nur ältere Menschen, sondern auch Kinder und Jugendliche. Dies geschieht in der Regel ohne öffentliche Beachtung und Wertschätzung, obwohl die Angehörigen Schwerstarbeit leisten, auf ihre eigenen Bedürfnisse verzichten und ebenfalls oft isoliert leben.

Anerkennung der Leistung von häuslich pflegenden Personen: Hier wünschen wir uns eine öffentliche Anerkennung, ähnlich wie es bei ehrenamtlichen Tätigkeiten geschieht. Ein von der Stadt organisiertes Fest oder ein Empfang für Pflegende allgemein, besonders aber auch für diejenigen im häuslichen Umfeld, empfinden wir als geeignete Maßnahme.

Ehrenamtskarte: Menschen, die einen Angehörigen im häuslichen Umfeld pflegen, sollen genau wie Ehrenamtler eine Vergünstigung von städtischen Veranstaltungen und bei örtlichen Händlern bekommen.

Wir setzen uns ein für

  • Hervorhebung von Behinderung als Bereicherung gesellschaftlicher Vielfalt
  • Vernetzung und Ausbau vorhandener Beratungs-­ und Hilfsangebote
  • inklusions­-Qualitätskontrollen in KiTas und Schulen
  • Erweiterung inklusiver Freizeitangebote und Treffpunkte für Kinder und Jugendliche
  • Leichteren Zugang zu ÖPNV, Einrichtungen und Informationsportalen
  • Anerkennung für Menschen, die Angehörige zu Hause pflegen
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