Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
noch allzu lebendig hallt die Haushaltsverabschiedung 2023 in der Erinnerung nach, die uns nach 10 Jahren aus der Haushaltssicherung befreit und dringend nötige Entscheidungsspielräume wieder eröffnet hat, da sehen wir heute der Haushaltsverabschiedung 2024/2025 entgegen. Der Doppelhaushalt, der uns erneut vor große Herausforderung stellt.
Man muss es sehr klar sagen: Ohne die Anpassungen in der Haushaltsaufstellung durch die schwarz/grüne Landesregierung wäre dieser Haushalt nicht aufstellbar gewesen. Eine schwindelerregende Summe von 10 Millionen Euro Defizit nehmen wir allein im Jahr 2024 in Kauf. Dieses Defizit schmälert natürlich auch unser Eigenkapital als Kommune und verdeutlicht immer drängender die enger werdenden finanziellen Ressourcen der Kommunen. Wir brauchen eine Veränderung.
Wir blicken Richtung Land, die wichtige Themen und Projekte nicht ausreichend refinanzieren. Als prominentestes und teuerstes Beispiel dient das Kinderbildungsgesetz (KIBIZ). Hier müssen wir nicht nur im Bereich der Personalkosten Millionen aus kommunalen Geldern zuschießen, auch die Mietkosten sind schon längst nicht mehr auskömmlich. Um eine tragfähige und für unsere Eltern verlässliche Kinderbetreuung zu gewährleisten, müssen wir also immer mehr Geld aus der leeren Kasse ziehen und müssen uns die Frage stellen, ob es zukünftig nicht in einigen Fällen kostengünstiger wird, wenn die Stadt neue Kitas als Träger betreibt. All dies im Klima von einem bedrohlichen Fachkräftemangel im Care-Bereich, gegen das Land und der Bund noch nicht ausreichend Maßnahmen ergriffen haben.
Ohnehin der Bund – Auch hier erreichen uns ständig neue Aufgabenübertragungen ohne ausreichende Refinanzierung. Wir bekennen uns zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf und freuen uns über das Recht auf Ganztag ab der Grundschule, aber wie kann es sein? Wie kann es sein, dass dieses Gesetz 2021, also vor drei Jahren mit Recht ab 2026 beschlossen wird und wir bis heute keine auskömmliche Finanzierung der Investitionskosten haben?
Auch die Tariferhöhung im öffentlichen Dienst für unsere städtischen Mitarbeitenden bleibt ohne Zuschuss von Bund und Land. Ein großer Posten im Defizit dieses Haushalts.
Das sind die großen Dinge. Aber es gibt auch die Kleinen. Die Einführung des Verfahrenslotsen, der junge Menschen mit Behinderung und deren Familien beraten soll, ist eine großartige Sache, nur leider erneut nicht refinanziert. Es scheint, und das ist leider kein Einzelfall, als würden sozial-ökologische Verbesserungen der Ampelregierung primär an der Finanzierung scheitern.
Die Folge? Wir Kommunen zahlen drauf! Oder sparen andere Leistungen ein, wie die Rentenberatung, die wir leider seitens der Stadt Erftstadt ersatzlos streichen müssen.
Das kann nicht die Lösung sein. Wir brauchen eine strukturelle Reform der Kommunalfinanzierung für Land und Bund. Und für unsere bröckelnde Infrastruktur, seien es unsere Schulen, Turnhallen und die Straßen und Radwege ein umfassendes Sanierungspaket. Dafür ist eine Reform der Schuldenbremse nötig, auch wenn dies nicht beliebt ist. Denn es gibt zwei Wege, wie man zukünftige Generationen belastet. Ja, der eine ist Schulden in Geld, aber noch schlimmer und für uns an jeder Ecke erkennbar ist es, wenn man die staatliche Infrastruktur verrotten lässt. Seien es Bahnschwellen, Gebäude oder auch Investitionen in Bildung und Klimaschutz. Wenn wir hier nichts tun und auch nicht investieren, werden wir bald nicht mehr handlungsfähig sein – im Bund, im Land und auch hier in Erftstadt.
Und damit ganz konkret zurück vor Ort. Wir brauchen neben der Refinanzierung weitere Einnahmen. Ein wesentlicher Schritt hierbei ist die Entwicklung neuer Gewerbegebiete, um unsere finanzielle Basis zu stärken und nachhaltiges Wachstum zu fördern. Auch hier müssen wir die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte aufholen, damit wir eine zukunftssichere Stadt werden können. Daher bekennen wir uns auch nochmal ausdrücklich zur Ansiedlung der Hochschule des Bundes und auch der TH Köln am Campus Rhein-Erft. Gerade der TH Köln mit ihrem Fokus aus nachhaltige Raumentwicklung, kommt eine wichtige Rolle im Strukturwandel nicht nur ökologisch, als auch ökonomisch zu. Hochschulen führen nachgewiesen zu Ansiedlungen von Gewerben und Zuzug von jungen Menschen. Auch ein Aspekt, der in der demographischen Lage unserer sehr alten Bevölkerung bedeutend ist.
Kommen wir zum Kern dieses Doppelhaushalts. Trotz massiv angespannter Finanzlage sind wir froh, dass wir auf eine Anhebung der Grundsteuer sowie der Gewerbesteuer verzichten konnten. Dies gilt auch für die Gebühren in Kindertagesstätten, der Offenen Ganztagsschule und der Musikschule, die nicht außerordentlich erhöht werden. Gerade nach dem letzten Haushalt wären weitere Erhöhungen in diesen Bereichen den Bürgerinnen und Bürgern nicht zumutbar gewesen.
Sowohl aus ökologischer, wie auch ökonomischer Sicht begrüßen wir auch den Ankauf des Schlossparks, sinnvollerweise mit Sperrvermerk der Fördermittel. Dies ist ein wichtiger Schritt zur Sicherung von Grünflächen und der Zugänglichkeit für unsere Bürger- und Bürgerinnen. Außerdem sparen wir langfristig Kosten, da wir derzeit eine hohe Pacht sowie die Unterhaltungskosten für fremdes Land zahlen.
Wir freuen uns auch darüber, dass wir wichtige Veränderungen zum Haushaltsentwurf erreichen konnten. Hervorzuheben wären hier:
- Die zusätzlichen 1,5 Stellen in der Jugendarbeit, die kurzfristig die Öffnungszeiten der Jugendzentren sichern und zukünftig die aufsuchende Jugendhilfe übernehmen. Hiermit verbessern wir aktiv die Situation unserer Jugendlichen in Erftstadt verbessern deren soziale Lage.
- Zusätzlich 20.000€ ab 2025, um die Öffnungszeiten der Jugendzentren auf stabile Beine zu stellen und die hauptamtliche Jugendhilfe zu entlasten. Über diese Mittel können Bundesfreiwilligendienste und Werksstudenten der Sozialpädagogik angestellt werden, die Angebote und Öffnungszeiten der Zentren sichern.
- Außerdem haben wir uns entschlossen die erhöhte Investitionspauschale in die städtischen Spielplätze zu unterstützen, damit auch unsere jüngsten Einwohner*innen attraktive Räume zum Spielen vorfinden.
- Abgerundet werden die Verbesserungen durch das Inkrafttreten der unbefristeten Einstellung von KiTa-Kräften, für die wir uns mit einem Antrag zusammen mit der CDU im letzten Jahr stark gemacht haben. Dies steigert für die Eltern die Verlässlichkeit von KiTa-Betreuung und für die Kinder die Qualität der Betreuung.
- Und nicht zuletzt ist unserer Initiative zu verdanken, dass drei Vollzeitstellen für Inklusionsfachkräfte in Kitas nach unserem Antrag geschaffen werden. Sogar für die Stadt kostenneutral.
Ja, dieses Geld geben wir trotz Haushaltslage gerne aus. Denn hier sprechen wir von genau der Investition in die Kinder und Jugendlichen, unserer Zukunft, an der wir nicht sparen sollten.
Nicht nur Kindern und Jugend kommt eine weitere Änderung zum Entwurf zugute, für die wir uns eingesetzt haben. Das MOBIE, das moderne Anrufsammeltaxi oder auch On-Demand Angebot, wird wieder aufgestockt. Im letzten Jahr mussten wir auf ein Fahrzeug reduzieren. Damit wurde gerade für die Außenorte die Anbindung im Abend- und Wochenendbereich deutlich schwieriger. Bald wird ein zweites MOBIE-Fahrzeug an Freitagen und Samstagen verfügbar sein, um den Mobilitätsbedarf unserer Bürgerinnen und Bürger besser zu decken. Sie können sicher sein, dass wir auch hier weiter dranbleiben, um den Mobilitätsbedarf unserer Bürger- und Bürgerinnen, gerade denen ohne Auto oder Führerschein, entgegenzukommen. Auch im Sinne einer ökologischen Verkehrswende. Das kurz vor Beschluss stehende Mobilitätskonzept begrüßen wir hier ausdrücklich.
Eine Wende steht hier auch am Lechenicher Marktplatz an. Nachdem die abgeschlossene Bürgerbeteiligung zum Masterplan Lechenich deutlich gezeigt hat, dass und wo genau sich die Bürger- und Bürgerinnen den autofreien Marktplatz wünschen, sollten wir auch nicht länger mit der Umsetzung warten. Daher haben wir auch der Zufahrtsbeschränkung an dieser Stelle zugestimmt und freuen uns, dass die dafür nötigen Mittel im Haushalt eingestellt sind.
Große Erwartungen haben wir bei den ersten Maßnahmen aus dem Klimaschutz- und Klimaanpassungskonzept. Hier haben es schon einige Photovoltaikprojekte auf städtischen Flächen in die Umsetzungsliste des Haushalts geschafft. Auch der Start der Wärmeplanung ist wichtig für die Bürger und Bürgerinnen von Erftstadt und für die Energiewende. Neben dem Verkehr sind Energie und Wärme die größten CO2-Emittenten, daher müssen wir hier dringend zukunftssicher werden.
Zum Fazit. Hätten wir gerne noch mehr umgesetzt und eingebracht? Natürlich. Aber die Finanzlage und die Personalsituation der Verwaltung ist desolat. Wir erleben nie kürzer werdende Vakanzlisten, überlastete Mitarbeitende und Verzögerungen in der Bearbeitung von Anliegen und Beschlüssen. Wir müssen bei allen Investitionen auch das enorme Defizit im Haushalt berücksichtigen. Wir haben uns daher auf die aus unserer Sicht unbedingt notwendigen Anpassungen im Bereich Jugend, Mobilität, Klima – kurz Zukunft konzentriert.
Daher werden wir aufgrund der positiven Veränderungen gegenüber Haushaltsentwurf heute als Grüne unsere Zustimmung geben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben an der Einigung zum Sportplatz Kierdorf/Köttingen gesehen, wie stark und transformativ wir handeln können, wenn wir zusammen Lösungen finden.
Lassen Sie uns in diesem Geiste die weiteren Herausforderungen:
- das Klimaschutzkonzept, das Mobilitätskonzept, die Gewerbe- und Wohnraumentwicklung, den Brandschutzbedarfsplan, die Campus- und Bäderlandschaft, Digitalisierung und vieles mehr zusammen demokratisch gesinnt gemeinsam anpacken.
Wir müssen vorankommen und wir müssen umsetzen. Das ist unsere Verantwortung als Politik und Verwaltung. Nur wenn wir Handlungsfähigkeit beweisen, sind wir im Vorfeld der wichtigen Wahlen in 2025 als demokratische Parteien weiter glaub- und vertrauenswürdig.
Lassen Sie es uns, im Sinne unserer Stadt, für die eine nachhaltige und lebenswerte Zukunft arbeiten.
Vielen Dank.
Stephanie Bethmann, Fraktion B90/GRÜNE