Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Frau Hallstein, sehr geehrter Herr Knips, sehr geehrter Herr Breetzmann
sehr geehrte Ratsmitglieder,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
Ich möchte meine Haushaltsrede mit einem Zitat beginnen.
Der römische Politiker und Philosoph Cicero sagte vor mehr als 2000 Jahren:
„Der Staatshaushalt muss ausgeglichen sein. Die öffentlichen Schulden müssen verringert werden.“
Es ist erstaunlich, dass sich an dieser Erkenntnis, wie es aussieht, nicht all zu viel geändert hat. Die Zeiten mögen andere sein, aber die Zustände sind ähnlich geblieben.
Wir reden heute über den Erftstädter Haushalt für das kommende Jahr.
Erftstadt feiert nächstes Jahr einen runden Geburtstag – den 50.
50 Jahre Erftstadt !
steht in bunten Lettern auf dem Deckblatt. ‚Zusammen wachsen‘ ist denn auch das Motto für die 50-Jahr-Feier im Juli, und als Signal an die Erftstädter gemeint, unsere Stadt als Ganzes zu begreifen. In diesem Sinne hätte es zusammenschreiben müssen – ZUSAMMENWACHSEN – im Sinne von Eins werden – so wie es nun aber in der Agenda steht, nämlich in zwei Wörtern als ‚zusammen wachsen‘ meint es eher das Gegenteil, nämlich dass alle Teile für sich allein wachsen mögen. Vielleicht ist es symptomatisch, dass in Erftstadt weder die Doppeldeutigkeit vom ZUSAMMENWACHSEN und ZUSAMMEN WACHSEN klar ist und dass man die Beschwörung auf Einigkeit direkt schon auf der semantischen Ebene gecancelt hat. Wahrscheinlicher aber ist vermutlich, dass man darüber gar nicht so genau nachgedacht hat und sich dessen auch nicht bewusst ist.
Ich finde dies insofern bemerkenswert, weil das die Erfahrung der letzten Zeit in der politischen Arbeit kennzeichnet. Ein Zusammenwachsen will immer weniger gelingen. Und ist dabei derzeit nötiger denn je.
Denn aktuelle Politik muss sich größeren Herausforderungen stellen als vordem: globale Entwicklungen beeinflussen und verändern auch unsere Lebensumstände; sei es der Zuzug von Flüchtlingen, sei es der Klimawandel mit bis dato nicht vorstellbaren Hitze- und Trockenperioden auch in unseren Breiten oder dann wiederum Starkregenereignisse – oder seien es Veränderungen der Arbeitsprozesse infolge der dynamischen Entwicklung der Digitalisierung, der Einführung von Künstlicher Intelligenz in Prozessabläufen usw. usf. Manches geschieht langsam und schleichend, andere Veränderungen kommen mit voller Wucht.
Diese dynamischen Veränderungen bedingen ein adäquates politisches Handeln. Das aber vermissen wir.
Es braucht dringendst einen intensiveren Diskurs, eine bessere Kommunikation untereinander, mehr Transparenz, eine ehrlichere Kommunikation zwischen Verwaltung und Politik, und auch mal ein Zurücknehmen der eigenen Interessen im Sinne des größeren Ganzen.
Woran kann man das festmachen?
Nehmen wir zum Beispiel die leidenschaftlich geführten Debatten bei der Frage zur Aufgabenträgerschaft Erftstadts beim ÖPNV und jetzt nun zum Anteilskauf bei der RVK (Regionalverkehr Köln GmbH). Die beiden großen Parteien CDU und SPD möchten den ÖPNV für Erftstadt nach vorne bringen – das wollen wir auch. CDU und SPD jedoch haben einen Weg vorgegeben, der nicht das WAS in den Vordergrund stellt, sondern das WIE. Für 540.000€ Anteile an einem Unternehmen zu kaufen und weitere 150.000€ für Gutachterkosten zu veranschlagen, halten wir für verantwortungslos – weil man auch anders hätte verfahren können und weil es inzwischen auch ein Angebot von der REVG (Rhein-Erft-Verkehrsgesellschaft) gibt, uns bei diesem Plan zur Verbesserung des ÖPNV zu unterstützen, wohlgemerkt ohne dafür 540.000 € in die Hand nehmen zu müssen. Dieses Angebot liegt ganz real auf dem Tisch.
Wo ist die Bereitschaft, sich damit zu befassen?
Sie ist nicht da: das Angebot von der REVG wird einfach schnöde vom Tisch gewischt. Empfindlichkeiten auf allen Seiten, der des Kreises, der der Stadtverwaltung, auf der politischen Seite und auch der der REVG haben sich gegenseitig hochgeschaukelt. Aber diese Empfindlichkeiten können doch nicht der Ausschlag dafür sein, einfach mal so eine halbe Million in ein Unternehmen zu stecken, ohne dafür eine wirtschaftliche Gegenleistung zu erhalten. Wir bleiben dabei, wir lehnen diesen Weg ab. Wir bleiben bei unserer Forderung: setzen Sie sich mit uns gemeinsam an den runden Tisch um über das WAS zur Verbesserung des ÖPNV zu reden.
Warum stellen wir diesen Punkt in den Kontext zur Kommunikationskultur? Weil es bei einem so entscheidenden Engagement natürlich zuerst um Inhalte gehen muss, und erst im zweiten Schritt um die möglichen Wege zur Realisierung.
Nur um noch mal hier an dieser Stelle ganz deutlich klarzustellen: Eine Verbesserung des ÖPNV ist ein GRÜNES Urthema. Wir predigen das, seit es uns als Partei gibt. Jeder Verkehrskollaps, die jüngsten Diesel-Abgas-Skandale, verpestete Innenstädte, der durch den Automobilverkehr verheerende Anstieg des Klimakillers CO2, mittlerweile verfügte Fahrverbote in Deutschlands Innenstädten und vieles andere mehr zeigen uns doch – leider – dass eine Verkehrswende schon seit Langem überfällig ist.
Aber kommen wir nun zum maßgeblichen Punkt, zum Geld:
wie sieht der Haushaltsentwurf für das kommende Jahr für Erftstadt aus?
Mantramäßig wird dem Haushalt jedes Jahr eine Präambel vorangestellt:
‚nur mit der kontinuierlichen Anhebung der kommunalen Steuern kann der Haushalt genehmigungsfähig dargestellt werden‘ –
das können Sie exakt so nachlesen, in jedem einzelnen Haushaltsentwurf der letzten Jahre steht dieser Satz.
Wir hatten zu Beginn dieser Ratsperiode, das war 2015, den Haushaltsentwurf sehr genau durchkämmt und genau diese Aussage grundsätzlich in Frage gestellt und folgerichtig diesem Haushalt dann auch nicht zugestimmt. Wir forderten ein nachhaltiges Wirtschaften für uns und die kommenden Generationen. Bei dieser Aussage waren wir über die Jahre geblieben und hatten nur im letzten Jahr eine Ausnahme gemacht, weil viele wichtige Entscheidungen anstanden, die wir mittragen wollten.
Das sieht dieses Jahr leider nun doch wieder anders aus.
Die Basis nachhaltigen Wirtschaftens kann nicht auf der stetig steigenden Besteuerung der Bevölkerung beruhen – umso weniger, wenn Erftstadt zwischenzeitlich zu den Spitzenreitern in NRW in der Erhebung der Grundsteuer und der Gewerbesteuer liegt. Es gibt wenig Kommunen, die so hoch Steuern veranschlagen wie wir. Dass dies eine gute Basis für weitere solide Akquise in der Wirtschaftsförderung sein soll, halten wir denn auch für eine ominöse Einschätzung.
Es ist doch fatal, dass sich trotz guter Konjunktur bei gleichzeitiger Niedrigzinsphase und trotz mittlerweile guter Belegung des Wirtschaftsparks – und damit einhergehend auch steigender Einnahmen bei den Gewerbesteuern – keine Konsolidierung des Haushalts einstellt.
Und man muss kein Wirtschaftsweiser sein um zu erahnen, dass diese Phasen auch wieder vorübergehen werden. Umso wichtiger ist es, in guten Zeiten vorzubauen. Dies aber nicht über Besteuerung sondern über Steuerung.
Ich nehme uns selbst mal als Beispiel: wir haben nach unserem Selbstverständnis einen ziemlich großen Spagat hingelegt im Hinblick auf die Entwicklung des interkommunalen Gewerbe- und Industriestandortes ‚Barbarahof‘. Die Erhaltung eines grünen Korridors von der Ville zum Otto-Maigler-See steht hier zur Disposition gegenüber der Entwicklung eines Gewerbegebietes, welches Arbeitsplätze schaffen soll. Wir haben intern lange und wirklich sehr intensiv darüber diskutiert und sind mittlerweile bereit diesen Weg mitzugehen – aber unter ganz genau definierten Vorgaben: wir bestehen darauf, dass dieser Standort nachhaltig, nach ökologischen Kriterien, mit einer guten ÖPNV-Anbindung gute und zahlreiche Arbeitsplätze generiert – und dass wir Erftstädter die Ausgestaltung unseres Flächenanteils auch selbst bestimmen können – idealerweise gehen die anderen Kommunen mit unseren Ansätzen mit, falls aber nicht, sollten wir uns die Hoheit für unseren Bereich nicht aus der Hand nehmen lassen.
Noch ist hier nichts entschieden, es ist aber jetzt schon wichtig, dass wir ein klares Bekenntnis in dieser Hinsicht formulieren.
Ein weiterer wichtiger Entwicklungsschritt für Erftstadt wird zweifellos die sich mittlerweile konkret abzeichnende Ansiedlung des TH Campus sein. Aus der hoheitlichen Sicht des Kreises kann die Ansiedlung des Campus auch ein entscheidender Baustein in der Umstrukturierungsphase der westlichen Braunkohlegebiete darstellen, aus Erftstädter Sicht wird er wie ein Meteorit einschlagen.
2.000 Studenten und 200 Hochschullehrer werden hier nicht nur zum Studieren und Forschen aufschlagen und am Ende des Tages wieder mit der Bahn nach Köln zurückfahren. Sie werden Erwartungen an den neuen Standort im Gepäck haben und werden Erftstadt verändern.
Können wir heute schon Impulse setzen, um dieser Veränderung proaktiv zu begegnen?
Ich frage dringlicher denn je: wo bleibt die neue Bibliothek? Wie sieht es mit der Kulturförderung aus? Wird es ein kommunales Kino geben, investieren wir in eine lebendige urbane Infrastruktur? Was ist mit dem Ausbau von Fahrradwegen? Wie und wann binden wir Erftstadt per S-Bahn an den Kölner Ring an?
Nicht, dass dies nur von Studierenden gewünscht und vorausgesetzt wird. Dasselbe erwarten natürlich auch die Erftstädter.
Nehmen wir z.B. die Angelegenheit der Gesamtbibliothek. Die Suche nach einem geeigneten Standort wird allmählich zum Treppenwitz, denn seit nunmehr mehr als 3 Jahren wird darüber diskutiert. Sollte es am Ende wirklich nur darum gehen, ob der bessere Standort entweder in Liblar oder in Lechenich ist, dann wäre das schwer vermittelbar. Mit ‚Zusammenwachsen‘ hat das dann leider nichts zu tun. Dass auch für 2019 die von uns beantragten Planungskosten, noch nicht einmal mit Sperrvermerk, von allen anderen Parteien abgelehnt wurden, zeigt, dass diese Bibliothek eigentlich gar nicht gewollt ist. Das jedenfalls ist heute mein Eindruck.
Geld ist dagegen immer da, wenn es um Sportplätze, noch besser um Kunstrasenplätze geht. Sie kennen unsere Haltung zu den Kunstrasenplätzen im Allgemeinen und zurzeit zum geplanten Kunstrasenplatz zwischen Kierdorf und Köttingen im Speziellen. Sie wissen, ich wohne selbst in Köttingen und mache mir damit dort keine Freunde. Aber aus der gesamtstädtischen Perspektive im Sinne aller Sportvereine und im Sinne einer nachhaltigen Sportförderung sollten wir keine großambitionierten Projekte planen, die uns finanziell überfordern.
Und dass Kunstrasenplätze nicht nur in der Anschaffung teuer sind sondern auch im Unterhalt und nach 10-15 Jahren als Sondermüll wieder teuer zu entsorgen sind, haben wir nun auch schwarz auf weiß. Darüber hinaus versiegeln sie wertvolle landschaftliche Flächen, die kompensiert werden müssen, was sie zusätzlich teuer macht. Überdenken Sie also bitte Ihre Pläne!
In unsere und auch Ihre Entscheidungen sollte das in Auftrag gegebene gesamtstädtische Sportentwicklungskonzept dabei mit einfließen. Es wäre politisches Harakiri, wenn man im selben Atemzug genau diese Verfahrensweise über Bord wirft und stattdessen einfach mal einzelne Großprojekte initiiert. Dass andere Sportvereine da aus dem Staunen nicht herauskommen und auch verärgert sind, wenn sie keine Zuschüsse erhalten, ist doch verständlich.
Geld ist auch vorhanden beim Straßenbau: Sage und schreibe 12,5 Mio € sind eingestellt für den Neubau und Unterhalt von Straßen. Zugegebenermaßen sind davon 5,4 Mio € für geförderte Maßnahmen im Rahmen des Masterplans Liblar und des Bahnhofumbaus. Nichtsdestotrotz bleiben es insgesamt 12,5 Mio €. Lediglich 20.000€ oder 0,16% im Verhältnis zum gesamt-Straßenbau sind für die Fortschreibung des Radwegenetzes eingesetzt. Sowohl ein Radschnellweg nach Köln und der Ausbau des Radwegenetzes in Erftstadt sind beschlossene Sache. Für die Umsetzung aber braucht es auch Geld. Dieses schlägt sich im Wirtschaftsplan leider nicht nieder. Die SPD hatte sogar nochmals 50.000€ beantragt, aber das haben die anderen Parteien leider mehrheitlich abgelehnt.
Das sind die schlichten Fakten.
Wir sind mitunter auch erstaunt über das Hickhack in der Stadtentwicklung.
Das jüngste unrühmliche Beispiel ist die städtebauliche Entwicklung der Fläche nördlich der Solarsiedlung. Verwaltungsintern ein Rechtsgutachten in Auftrag zu geben und die Rechtmäßigkeit der Planung überprüfen zu lassen, ist schlicht bizarr. Hier kann man von gegenseitigem Vertrauen nicht mehr sprechen.
Das politische Entscheidungen damit ebenfalls konterkariert werden, stellt das Motto des ‚Zusammenwachsens‘ leider auch hier in Frage.
Und zudem tauchen nun auch noch Fragen auf, ob und wie die Stadt Erftstadt Mietgarantien für die Betreibung der dringendst erforderlichen neu zu bauenden Kitas übernimmt. Es fehlt an Transparenz und unterhöhlt das gegenseitige Vertrauen zwischen Politik und Verwaltung.
Quartiersentwicklung ist dabei ein spezielles Reizwort in der Erftstädter Politik: wenn es nämlich um die Frage geht, ob Mehrfamilienhausbebauung hier oder dort entstehen soll oder eher nicht. In Liblar ja, in Lechenich nein. Das ist der Eindruck, der sich einem vermittelt.
Doch es ist nun mal politischer Mehrheitsbeschluss, Wohnbebauung in beiden großen Stadtteilen Erftstadts weiter zu entwickeln, und dabei mindestens 30% sozialen Wohnungsbau mit vorzusehen.
Wenn wir jetzt im neuen Verfahren die Fläche nördlich der Solarsiedlung angehen, ergeben sich glücklicherweise sogar neue Chancen:
Im Januar wird ein Symposium zum Thema „Wachstum gestalten – Wohnraum für Erftstadt“ stattfinden: Fragen, die unsere künftige Lebensgestaltung im Blickfeld haben, wie Siedlungsdruck, demografische Entwicklung, veränderte Lebensstile oder Klimaveränderungen beeinflussen auch die Herausforderungen an Stadtentwicklung. Wie wollen wir in Zukunft leben in Erftstadt? in den nächsten 50 Jahren?
Wir erhoffen uns entscheidende Impulse, die auch auf die weitere Stadtentwicklung einwirken und den abnormen Verbrauch der Flächenressourcen eindämmen und dabei gleichzeitig eine Verbesserung des Lebens, Wohnens und des sozialen Miteinanders entfalten.
Da wir den Bebauungsplan ‚Dechant Linden-Weg‘ noch nicht final beschlossen haben – aufgrund anderer Vorgaben wie Entwässerung der Fläche, verkehrliche Erschließung, geben wir auch hier die Hoffnung nicht auf, eine nachhaltigere Gestaltung der zu bebauenden Fläche zu erlangen.
Die größte Hürde dieses Haushalts ist im Hauptausschuss letzte Woche genommen worden:
Den vom Bürgermeister vorgelegten Stellenplan für 2019 haben alle Parteien nicht mitgetragen, nicht mittragen können. Zusätzliche Kosten in Höhe von 3,75 Mio € kann man nicht durchwinken. Der gemeinsam getroffene Beschluss, zunächst den Stellenplan von 2018 fortzuschreiben, gleichwohl alle erforderlichen Neubesetzungen für Kitas und Feuerwehr zu genehmigen, war unseres Erachtens wahrlich salomonisch. Außerdem den Erftstädter Stellenplan durch ein externes Institut auf den Prüfstand zu stellen, scheint ebenso eine salomonische Entscheidung.
Man kann angesichts knapper Kassen und kurz vor dem Nothaushalt nicht an der Personalschraube ungetrübt weiterdrehen.
Wir hatten dem Bürgermeister im Vorfeld mehrmals an das im letzten Jahr beschlossene und zugesagte Personalentwicklungskonzept erinnert und ihn aufgefordert, dieses vorzulegen. Diesem Beschluss nicht nachgekommen zu sein und „kein Einsparpotential“ bei der Personalentwicklung darstellen zu können, wie er in seiner Haushaltsrede begründete, erscheint uns fraglich.
Sicherlich entfallen viele Mehraufwände auf die Kibiz-Reform, auf neue kommunale Aufgaben im Brandschutz und im Rettungsdienst. Diese Positionen tragen wir selbstverständlich mit. Eine Aufblähung des Verwaltungsapparates jedoch nicht.
Im Zusammenhang mit dem Personalkonzept kommt im Übrigen auch die Erweiterung des Rathausbaus in den Fokus. Wir baten um eine Besichtigung der bestehenden Räumlichkeiten. Gleich vorab möchte ich für die GRÜNEN unmissverständlich klarstellen: dieses Rathaus gehört dringendst saniert und vermutlich auch ergänzt und erweitert. Der Zustand der Arbeitsräume ist ziemlich erschreckend, die meisten Zimmer sind viel zu klein, mitunter sogar gänzlich ohne Tageslicht – oftmals seit längerem nicht renoviert, teils schlecht klimatisiert und so weiter und so fort.
Die teure Bestuhlung des Ratssaals vor einiger Zeit muss den städtischen Mitarbeitern dagegen wie Hohn vorgekommen sein – und auch für den kleinen Ratssaal sind schon wieder Mittel für eine neue Bestuhlung i.H.v. 55.000€ eingestellt – die wir im Übrigen genauso ablehnen wie die vorherige.
Wie auch immer: hinsichtlich der Rathauserweiterung fehlt eine konzeptionelle Basis. Ohne Personalentwicklungskonzept mit einer dezidierten inhaltlichen Darstellung zukünftigen Personalbedarfs unter Berücksichtigung des demographischen Wandels, veränderter und zukünftiger Aufgabenentwicklungen sowie der Digitalisierung von Arbeitsabläufen können wir den Anbau nicht mittragen.
Die im Entwurf vorgesehene Einrichtung von Fraktionsräumen im Rathausanbau ist für uns nebenbei bemerkt vollkommen nebensächlich – wir GRÜNE können auch gerne darauf verzichten im Sinne einer ökonomischeren Planung des Gesamtraumbedarfs. Wir zahlen zurzeit sogar weniger Miete, als sie bei der Nutzung eines Rathausanbaus zu verbuchen wäre.
Abschließend noch ein Kommentar zur Erhöhung der Wasserpreise, die wir mittragen. Die SPD hat dies in Pressemeldungen als verdeckte Steuer bezeichnet und angeprangert.
Hierzu wollen wir Folgendes sagen: Kommunale Steuern sind Grundbesitzabgaben und Gewerbesteuern, deren Anhebung wir grundsätzlich abgelehnt haben und dieses Jahr mehr denn je ablehnen werden.
Eine seit langem in Diskussion befindliche Erhöhung der Wasserpreise ist aber eine andere Chose. Hier geht es um die Einpreisung des Substanzerhaltes der Stadtwerke und der Erhöhung der Wasserpreise beim Wassereinkauf.
Mit dem Subtanzwert-Verfahren, das hier nun zugrunde gelegt wird, werden schlicht und einfach Rücklagen gebildet, um dauerhaft in der Lage zu sein, die Wasserversorgung zu gewährleisten. Fallen nämlich in der Zukunft Reparaturkosten an, sind diese vorhersehbar teurer als heute. Im Prinzip verfährt jeder vernünftige private Haushalt auch so. Würden wir diese Rücklagen nicht bilden, würde den nächsten Generationen oder auch uns selbst schon bald die Angelegenheit auf die Füße fallen und die Kosten würden abrupt, dann aber schmerzhaft ansteigen.
Wir handeln hier also nachhaltig – und damit wirtschaftlich vernünftig.
Ohne hier auf alle Aspekte eingehen zu können, meine ich, dass die Erftstädter Bürger verstehen werden, dass man sukzessive Kosten anpassen muss und besser so verfährt, als von jetzt auf gleich tief in die Tasche greifen zu müssen.
Was wir in diesem Zusammenhang allerdings nicht mittragen, ist darüber hinaus eine weitere Erhöhung der Wasserpreise auf der Basis der sog. „kalkulatorischen Verzinsung“, die zusätzliche Einnahmen generiert, die in den Kernhaushalt abfließen.
Und wenn wir schon einmal dabei sind, können wir gleich noch einen anderen Zusammenhang klarstellen: die Wasserpreise in Erftstadt sind deswegen teurer geworden, weil wir – im Gegensatz zu Euskirchen z.B. – das Wasser von RWE beziehen, aus Brunnen, die früher einmal uns selbst gehörten. Erftstadt hat seine Wasserwerke in den 70er Jahren aber freudig an RWE verkauft. Und RWE dreht neuerdings an der Preisschraube. Da wir einen der wenigen zukunftsfähigen Brunnen nach der vorhersehbaren Stilllegung der Braunkohletagebaue auf unserem Stadtgebiet im ganzen Rhein-Erft-Kreis haben, sollten wir lieber tunlichst dafür sorgen, dass wir diesen wieder selbst betreiben.
Und last not least: dass es mit dem Ausbau von Windenergie auf dem Erftstädter Stadtgebiet immer noch nichts geworden ist, ist auch eine beinahe schon tragische Angelegenheit. Nicht nur, dass wir die Herausforderungen des Klimawandels nicht in den Griff bekommen, wir verschlafen auch die Chancen, selbst Geld zu erwirtschaften. Die Hoffnung stirbt ja bekanntermaßen zuletzt und die Chancen sind noch nicht alle vertan. Aber die Zeiten, in denen man mit Windenergie quasi Geld drucken konnte, sind leider verschlafen worden.
Also was tun mit einem Haushalt, der einerseits sehr viele erforderliche Aufgaben monetär darstellt, aber auch viele Baustellen aufweist, die in dieser Form nicht vertretbar sind. Unseres Erachtens fehlt ihm vor allem eines: sozialer Kitt.
Das Gesamtwerk Erftstadt weist zu viele Brüche auf, das Motto der 50-Jahr-Feier „Zusammen-wachsen“ finden wir nicht abgebildet.
Insofern werden wir diesem Haushalt – mehr als allen vorhergehenden – nicht zustimmen.
Und somit kehre ich noch einmal zu den alten Römern zurück. In Abwandlung eines anderen bekannten römischen Geschichtsschreibers, der damit jede seiner Reden beendete, möchte ich meine Rede schließen mit dem Satz:
Und im Übrigen sind wir der Meinung, dass Erftstadt etwas Besseres verdient hat.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Gez. Marion Sand
Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN